Akte "Nachteule"

verfertigt zu Perainefurten im scheidenden ING 29 H. (1022 n.BF.)

[Aus den Befragungen des Frater regularius Voltan Imminger, durchgeführt zu Perainefurten durch Frater regularius Magister Leporello, die ihn betreuende Soror gratia Elwene Ballurat sowie meine Person, Frater honorius Marius Timerlan (die Aussagen wurden bereits in die entsprechende chronologische Reihenfolge gebracht und zwecks besseren Verständnisses geringfügig bearbeitet)]

Am Anfang lief alles gut, fast zu gut. PHEx war mit uns, und auf der Route III drangen wir unentdeckt in das feindliche Gebiet ein. Die Arda ging immer vorneweg, schließlich war sie es, die sich hier auskannte. Reo und Bosper folgten und ich deckte unseren Rücken. Klar, wenn wir auf eine menschliche, besser gesagt lebende Patrouille stießen würden, hätten wir unser Papiere (und schon bevor wir diesen ersten Platz fanden, haben die uns einmal den Hals gerettet), doch das andere Kroppzeug, daß hier so rumschleicht, kennt weder Freund noch Feind. Und von den vereinzelten Freischärlern will ich gar nicht erst reden. Bei denen ist so ein Zettel der schnellste Weg zu BORon...

4. Tag: Der Bosper
[Anm.: gemeint ist Gardiarch Bosper Firujan als Leiter der Garde] muß wohl irgendwas entdeckt habe, jedenfalls bestimmte er von da an die Richtung selbst.

6. Tag: In der Nacht zuvor hatten wir eine ziemlich unheimliche Begegnung - keine Ahnung, was es war - und dank unserer schnellen Beine fanden wir es auch nicht raus. Bosper meinte irgentwas von agrimo... äh, also solcher Perversionen, Ihr Wißt schon, was ich meine. Komischerweise schien er sich sogar darüber zu freuen, meinte, daß wir schon verdammt dicht dran sein müssen.
Und dann, kurz vorm Dunkelwerden, sahen wir so'n komisches Leuchten in der Ferne. Der Reo schlich sich ran. Als er dann wiederkam, winkte er nur kurz, und wir folgtem ihm. Bei PHEx, so 'nen Schleicher wie den hab' ich noch nicht erlebt, da sind echt nur die Spitzohren besser. Wir fragten auch nicht, warum er immer wieder Kurven ging und Haken schlug, aber einmal sah ich direkt vor einem solchen Richtungswechsel 'nen Hasen, der mit den Läufen in einem Stein steckte! Na, da wollte ich auch nicht lang. Als wir dann unser Ziel erreichten, sahen wir so was wie'n Dach mit merkwürdigen Verzierungen, das auf sieben Säulen ruhte (sah fast wie einer dieser vinsaltschen Pavillons aus, nur halt doppelt so weit und irgendwie unheimlich).
Um diesen Pavillon waren im Kreis nochmal sieben Steine aufgestellt. Irgendwelche Zeichen waren darauf zu sehen, doch wegen der Entfernung noch nicht zu deuten. Und obwohl weit und breit kein Feuer war, ging von den Steinen so'n merkwürdiges Glühen aus, da wurd's einem ganz kalt ums Herz. Niemand war zu sehen. Trotzdem warteten wir noch ab. Nach etwa einer Stunde, in der nichts passierte, gab Bosper das Signal zum weiterschleichen. Uns allen war dabei ganz schön flau. Selbst dem Bosper, der sich ja mit solchen Sachen auskennt, hat man's in den Augen angesehen. Aber ist besser so, wenn einer von den Magiern gehörigen Respekt und Götterfurcht vor diesen Sachen hat, dann dreht er wenigstens nicht durch und wird zu 'nem Möchtegernheptarchen. Jedenfalls hat sich Bosper dann genauer umgeschaut, während die Arda, Reo und ich sicherten.
Ich weiß zwar nicht, was der Magus da schrieb, aber es dauerte ziemlich lange. Er hatte nämlich in einer Ecke des Pavillons, in dessen Boden ein Siebenstern eingemeißelt(?) war, eine Kiste gefunden und mit Handauflegen geöffnet. Jedenfalls lagen darin sauber verschnürte Beutelchen, kleine Schachteln und all so'n Zeug. Der Bosper hat von allen eine Liste gemacht, bevor er die Zeichen im Stern und an den Säulen abmalte. Ich schätze, es war so etwa eine Stunde vor Mitternacht, bevor wir von dem Ort verschwanden. Reo und ich verwischten alle Spuren hinter uns, und insgeheim dankten wir den Zwölfen, das hier alles so gut abgelaufen war.

7. Tag: Der Bosper hatte in der Kiste wohl noch eine Art Brief gefunden. Jedenfalls war da eine Nachricht hinterlegt, und in der stand, wo irgendein Zordin auf einen Matros warten würde. Da war PHEx uns wohl hold gewesen. Jedenfalls besprach Bosper mit Arda, wie wir am besten zu diesem Ort hinkommen.

8. Tag: Am Nachmittag sahen wir etwas, was uns das Grauen in die Herzen trieb. In der Ferne kreiste eine von diesen götterverfluchten fliegenden Schlange. Durch das Glas sahen wir eine dieser Schwarzroben auf dem Rücken sitzen, doch mit ihrem Schwanz hielt sie einen Unglücklichen. Wir wissen nicht, welchen "Verbrechens" er sich schuldig gemacht hatte, doch als die Schlange ihn fallen ließ, stockte uns das Herz. Doch damit nicht genug! Während er fiel, wurde er beständig von diesem Vieh umkreist! Es (oder auch sein Reiter) schien sich an der Todesangst des armen Kerls zu weiden! Erst nach einer Weile bemerkte ich, daß ich zum Herrn BORon betete, genauso wie die andern auch. Mögen mich die Zwölfe vor so einem Schicksal bewahren.

9. Tag: Heute kamen wir in die Nähe des Ortes, der in der Nachricht genannt war. Aus der Ferne konnten wir beobachten, daß dort keine normalen Leute mehr wohnten, man sah nur Bewaffnete und zumindest zwei Schwarzroben. Arda meinte, hier hätten früher viele Bauern gewohnt, aber von denen war keiner mehr da.
Wir beobachteten also weiter aus der Ferne, bis es dunkel wurde. Auch diesmal war hinter den Hügeln dieses Leuchten. Unten im Dorf war alles still, trotzdem umgingen wir es in einem großen Bogen- wir wollten PHEx nicht zu sehr herausfordern. Und dann sahen wir es: es war genau wieder so ein Pavillon wie letztes mal. Der einzige Unterschied war, daß diemal diese Paraphernalia, wie Bosper das Zeug nannte, nicht in einer Kiste aufbewahrt wurden. Scheinbar hatte hier jemand schon etwas mehr Zeit gehabt und eine Art steinernen Altar hingestellt, auf dem 'ne Platte lag, auch aus Stein. Der Reo und ich mußten ganz schön zupacken, um das Ding zur Seite zu schieben (und vor allem leise).
Uns schlug so'n miefiger Geruch entgegen, daß ich am liebsten gleich gespien hätte, aber dem Bosper schien das nichts auszumachen. So schlimm hatte es nicht mal damals auf der Waldlichtung gestunken, wo uns dieser komische Efeu angegriffen hatte. Jetzt lief jedenfalls die Sache wie beim letzten mal- der Bosper machte seine Liste und wir paßten auf. Blöderweise schaffte er es jedoch nicht, alles aufzuschreiben, denn irgendwann hörten wir Schritte mehrerer Personen. Also mußten wir so schnell es ging alles wieder in Ordnung bringen und verschwinden.
Hat dem Bosper zwar nicht so ganz gepaßt, aber es ging nicht anders. Wir wurden nicht bemerkt, dem Verschwiegenen sei Dank. Aus der Entfernung sahen wir dann noch, wie fünf dieser Schwarzroben Kerzen anzündeten und einen Knaben in den Stern legten. Den Rest spar ich mir lieber, aber für diese Nacht war an ein Rankommen nicht mehr zu denken- und ehrlich gesagt, wollte es keiner von uns. Um uns von dem Schicksal des Knaben abzulenken, zeichnete jeder von uns die Zeichen, die er auf den Steinen bemerkt hatte, auf.

10. Tag: Bosper und Arda hatten sich lange unterhalten, sich die Karte angeschaut und irgendwas überlegt. Jedenfalls schienen sie irgendeine Idee zu haben, denn seit wir aufgebrochen sind, scheinen wir irgendeiner unsichtbaren Linie zu folgen, von denen nur Arda und Bosper wissen, wie sie verläuft. Zu dem Pavillon von letzter Nacht können wir nicht mehr hin, dazu gibt es dort zuviel Trubel. Blöderweise war während der Nacht auch der Proviant vom Reo völlig verschimmelt. Also mußten wir bald wieder zurück, denn von dem Zeug dort hätte wohl keiner von uns freiwillig gegessen. Dann schon lieber diesen elenden Trockenfraß.

12. Tag: Ich weiß zwar nicht wie, aber irgendwie hatten Bosper und Arda tatsächlich einen weiteren dieser niederhöllischen Opferschreine gefunden. Die grundlegende Gestalt war wieder wie beim letzten mal. Pavillon, Steinaltar, Steine drumrum. Ich konnte mir allerdings nicht helfen, irgendwie war das Gefühl der Bedrohung hier anders, fast körperlich. Doch leider schien nur ich das zu merken. Doch als der Altar geöffnet war und Bosper wieder schrieb, dachte ich, es wären meine überreizten Nerven. Wäre es bloß das gewesen! Vielleicht war es ja eine Vorahnung der kommenden Ereignisse.
Jedenfalls war der Bosper gerade dabei, die Zeichen auf den Steinen abzumalen. Arda ging neugierig an den Altar ran, wollte wohl wissen, was da drin war (es waren wieder Reo und ich gewesen, die das Ding geöffnet hatten). Als sie dicht dran war, passierte es. Aus heiterem Himmel sprang uns eine Sturmböe an! Arda wurde gegen den Altar geschleudert und verlor ihre Fackel, die in den steinernen Behälter fiel! Noch heute seh ich Bospers entsetztes Gesicht. Er schrie nur ein Wort: "Rennt!"
Irgendwas in dem Behälter hatte Feuer gefangen und brannte hell auf! Und der gesamte Rauch wurde in die Mitte des Sternes gezogen! Wir spürten eine Kälte, die nicht von dieser Welt war. Und bevor einer von uns reagieren konnte, glitten diese Kapuzenmänner aus dem Rauch, erst einer, dann noch einer, dann noch einer. In dem Moment drehte ich mich um und begann ich zu rennen! Das nächste, was ich hörte, war Ardas Schmerzensschrei. Ich drehte mich um und sah, wie sich eine Peitschenschnur um ihren Hals gewickelt hatte. Plötzlich brannte die Schnur in einem blauen, niederhöllischen Feuer. Der Kapuzenmann zog kurz am Griff der Peitsche, und dann sah ich nur noch Ardas Kopf zu Boden fallen.
Wir rannten, bis uns die Lungen brannten, doch diese Biester waren schneller als wir, aber sie schienen mit uns zu spielen, wie die Katze mit der Maus. Reo war kurz vor mir, doch mit einem mal stürzte er zu Boden. Ich konnte gerade noch über ihn drüberspringen! Ich wollte ihm helfen, doch bei den Zwölfen, die Feinde waren zu nahe. Und als Reo mich anbrüllte, zu verschwinden und Bosper zu schützen, blieb mir keine andere Wahl.
Ich sah gerade noch, wie Reo statt seines Schwertes den Langdolch zog, den mit den seltsamen Zeichen. Und dann stürzte er sich den Feinden entgegen! Sein Hemd war feucht, er hatte sich wohl beim Sturz ernsthaft verletzt. Aber sein Opfer verschaffte Bosper und mir einen kleinen Vorsprung. Bis zum Morgengrauen war nichts von unseren Verfolgern zu sehen.

14. Tag: Wir mußten so schnell wie möglich aus den besetzten Gebieten raus. Unsere Rucksäcke mit dem Proviant hatten wir bei der Flucht verloren. Und die gefälschten Papiere waren auch da drin. Doch auch der Bosper schien sich irgendwas eingefangen zu haben auf der Flucht. Jedenfalls stützte er sich auffallend deutlich auf seinen Stab, und dieser Husten wollte mir auch nicht gefallen.

16. Tag: Mit Bosper kam ich nicht weiter. Die Wunde, die er sich auf der Flucht zugezogen hatte, eiterte bereits und irgendwelche Maden schienen da auch schon rumzukriechen. Das komischste daran war jedoch, daß der Bosper überhaupt nicht fieberte und bei klarem Verstand war. Und das schlimmste: trotz magischer Heilversuche brach die Wunde immer wieder auf. Uns beiden war klar: die war nicht natürlich. Und zu allem überfluß schienen die Kapuzenmänner uns immer noch zu verfolgen.
Ich war der einzige, der die Aufzeichnungen hätte zurückbringen können. Da der Bosper diese immer an sich gepreßt hatte, waren sie jetzt vom Blut aus der Wunde schon ganz schön verklebt, aber den größten Teil konnte man noch erkennen. Also nahm der Adeptus meinen Wams und riß ihn auf. Dann verstaute er die Pergamente da drin und murmelte etwas auf magisch, und die aufgerissenen Nähte schlossen sich wieder. Kaum war er damit zuende, sahen wir in der Ferne drei der Kapuzenmänner, die schnell auf uns zukamen. Bosper gab mir noch einen Anhänger und meinte, ich solle ihn seiner Frau überbringen, dann schickte er mich fort. Ich kam mir ziemlich mies dabei vor, das könnt ihr mir glauben.
Ich hörte noch, wie Bosper anfing zu beten, dann begann ich mich zu beeilen. Was dann geschah, kann ich nicht so genau sagen. Ich sah nur aus der Ferne, wie sich die drei Kapuzenmänner dem Bosper näherten und auf ihn einschlugen, doch das schien ihm nichts auszumachen. Und dann war da plötzlich eine Feuerkugel. Aber irgendwie schien sie sich nicht richtig ausbreiten zu können. Ich weiß zwar nicht, was der Magier da gemacht hatte, aber irgendwie schien er die explosion auf den näheren Umkreis um sich herum begrenzt zu haben.
Als sich der Rauch verzogen hatten, sah ich von Bosper nur noch ein paar verkohlte Reste, von den Kapuzenmännern aber keinen mehr. Nun hatte ich zum ersten mal seit jener Nacht Gelegenheit zu beten, und ich fiel auf die Knie und betete für die Seelen von Arda, Reo und Bosper. Mögen sie eines Schlüssels würdig sein!

27. Tag: Ich wußte schon nicht mehr, wie lange ich durch die Gegend geirrt war, wie lange ich nichts mehr gegessen hatte, ich hatte nur noch einen Gedanken: Die Aufzeichnungen, für die zwei tapfere Männer und eine tapfere Frau gestorben waren, mußten nach Perainefurten. Irgendwann brach ich zusammen. Das letzte, was ich hörte, waren Waffengeklirr und Stiefeltritte.

Anmerkung: Frater Imminger wurde von einer Patrouille der herzoglich-tobrischen Armee am Rande des Erschöpfungstodes gefunden. Es ist schon fast als Wunder der Zwölfe anzusehen, daß er diese Strapazen überlebt hat. Aus dem Bericht und den bisher entschlüsselten Aufzeichnungen läßt sich sagen, daß die Opferaltäre den Wesenheiten (in der Reihenfolge der Entdeckung) A-G-M, L-G-M und B-K-R zuzuordnen sind.